Pressestimmen zur Entwaffnung der Sportschützen


FAZ zum Thema

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. August 2010


"Süddeutsche Zeitung", Kommentar von Joachim Käppner, 16. März 2009:
"Weniger Waffen, mehr Sicherheit - Der Politik fehlt angesichts des Wählerpotentials der Schützen der Mut wirklich durchzugreifen. Dann müßte sie das Schießen mit scharfen Waffen im Verein schlicht untersagen. Für sportliche Zwecke würden genug Luftpistolen, Wettbewerbsgewehre und ähnlich harmlose Schießwerkzeuge übrigbleiben."

"Stern", Kommentar von Chefredakteur Andreas Petzold, 19. März 2009, Seite 1:
"Es gibt etwa 15.000 Schützenvereine in Deutschland, heimatverbunden, friedlich und eine Talentschmiede für die olympischen Schießdisziplinen. Die Politik war und ist zu feige, um sich mit dieser urdeutschen Tradition richtig anzulegen. Aber eine Frage drängt sich auf: Warum eigentlich muß all das mit scharfer Munition geschehen, die tödlich sein kann? Geht es nicht eine Nummer kleiner? Wer über Konsequenzen debattiert, sollte auch die Sicht der Eltern einnehmen, deren Kinder in der Schule kaltblütig erschossen wurden. Was sind dagegen lieb gewonnene Traditionen und ein paar Goldmedaillen?"

"Der Spiegel", Titelgeschichte vom 23. März 2009:
"Bewaffnete Republik Deutschland. Vom lebensgefährlichen Unsinn privater Schußwaffen - Selbst nach der Amoktat von Winnenden scheuen die Volksparteien scharfe Beschränkungen. Zu stark sind sie mit der Waffenlobby verbandelt, zu groß ist die Furcht vor den Wählern. (...) Eine Tat wie die in Winnenden zählt dann zu den Folgen jener Freiheit, die sich die Waffennarren herausnehmen, die Behörden zulassen, die die Waffenlobby verteidigt. Schon seit Jahrzehnten, und das fast immer erfolgreich."

FAZ, Leitartikel von Christian Geyer, 23. März 2009:
"Verhindern lässt sich gar nichts. Aber erschweren lässt sich sehr viel. Und darum, ums Erschweren, nicht ums Ausschalten von Unerwünschtem, kann es bei Fragen der angemessenen Prävention nur gehen. Der Hinweis aufs Nichtverhinderbare ist das bequeme konservative Argument aller Besitzstandswahrer. Die Waffenlobby führt es im Augenblick besonders frech im Munde. Wenn ihr vorgehalten wird, das derzeit gültige Waffengesetz sei ein Witz, weil im Grunde jeder, der das Bedürfnis dazu hat, an eine großkalibrige Knarre komme - dann hört man das 'Argument': Ich bitte Sie, verhindern lässt sich doch sowieso kein Verbrechen."

"Panorama" (ARD), 26. März 2009:
"Mordwaffen statt Sportwaffen - Aufrüstung im Schützenverein: Ein bisschen schießen, Traditionen pflegen und hoffentlich einmal im Leben Schützenkönig sein. So präsentieren Schützenvereine gerne ihre scheinbar heile Welt. Doch unter dem Deckmantel des Sports tummeln sich in den Verbänden immer mehr Waffennarren. Statt mit eher harmlosen Luftgewehren trainieren sie - ganz legal - mit Großkaliberrevolvern, halbautomatischen Militärpistolen und Sturmgewehren. Lautstark wehren sie sich gegen eine Verschärfung des Waffenrechts, und ihre Lobby macht Druck auf die Politik. Panorama über das gefährliche Hobby deutscher Waffenfetischisten und Politiker, die nichts dagegen unternehmen." (NDR-Pressetext)

"Die Zeit", Leitartikel von Susanne Gaschke, 26. März 2009, Seite 1:
"Aber so leicht wird sich diese Gesellschaft nicht ändern. Die Tränen der Fernsehzuschauer werden kaum getrocknet sein, da wird die Waffenlobby wieder tausend Gründe finden, warum es einer Menschenrechtsverletzung gleichkommt, wenn Sportschützen ihre Munition im Verein oder bei der Polizei lagern müssen, getrennt von ihren Waffen. (...) Der andere Verlauf, das ist der unwahrscheinlichere. Aber es ist immerhin möglich, dass die leisen Stimmen der Eltern von Winnenden eine Sekunde der Stille erzwingen. (...) Das hieße, dass massenhaft Einzelne - in Redaktionen, auf Elternversammlungen, in Bundestagsausschüssen - anfangen müssten, sich gegen einen Anspruchs- und Gleichgültigkeitsliberalismus zu stellen, der jedem sein Hobby gönnt, seine großkalibrige Waffe, seine Pornofotos, sein Internetmobbing. Da ginge es um eine Haltung des kollektiven, freiwilligen, aber eben verbindlichen Verzichts: Weil Killerspiele und Horrorvideos und besonders echte Beretta-Pistolen nicht gut sind für gefährdete Jugendliche, müssten alle Konsumenten ihren Umgang damit mäßigen."

"stern.de", Kommentar von Sönke Wiese, 8. Mai 2009:
"Die Waffennarren lachen sich kaputt. Die geplante Änderung des Waffenrechts ist ein Paradebeispiel für Placebo-Politik: Sie bewirkt nichts, aber man tut so, als ob man etwas täte. Denn die Regierung will der Bevölkerung nach dem schockierenden Amoklauf von Winnenden sicherlich Beruhigungspillen verabreichen. Gleichzeitig dürfen die Maßnahmen aber einer wichtigen Interessengruppe keinesfalls ernsthaft wehtun: den Sportschützen. (...) Die Regierung hätte sich ein Beispiel an Großbritannien nehmen sollen: Dort griff der Staat 1997 nach einem Amoklauf konsequent durch und verbot großkalibrige Waffen komplett.“ (PS: Und kleinkalibrige Waffen kurz darauf.)

"stern.de", 14. Mai 2009:
"Die schlimmsten Amokläufe, die Deutschland in den letzten Jahren erlebt hat, haben Parallelen. Die jugendlichen Täter agierten wie professionelle ´Killer´, mit Schusswaffen, die legal erworben worden waren. (...) Zwar herrscht Einigkeit darüber, dass auch ein schärferes Waffenrecht nicht jeden Amoklauf verhindern kann, weil Gesetze nichts an den offensichtlichen psychischen Problemen solcher Täter ändern können. Aber das bestehende Waffenrecht hatte es den Amokläufern von Erfurt und Winnenden sehr leicht gemacht. Sie hatten das gezielte Töten mit Schusswaffen vorher gelernt."

"Süddeutsche Zeitung", Kommentar von Kurt Kister, stellv. Chefredakteur, 14. Mai 2009:
"Simulation eines neuen Waffenrechts: Die große Koalition gibt vor, als Antwort auf den Amoklauf von Winnenden die Verschärfung des Waffenrechts anzustreben. In Wirklichkeit hat der Kompromiss, den Innenpolitiker aus Union und SPD nun gefunden haben, nur eine Bedeutung: Er zeigt, wie schlecht Politik sein kann. Die Koalition hat weder den Willen noch die Kraft, jene Waffen, mit denen getötet wird, effektiv zu kontrollieren, ganz zu schweigen vom Verbot. Stattdessen verständigt man sich auf symbolistische Kinkerlitzchen wie den Bann des Militärspiels Paintball. (...) Weder ein Jäger noch ein Scheibenschütze muss für sein Hobby eine 19-schüssige Selbstladepistole mit Stangenmagazin und schnellster Schussfolge besitzen. Die Innenpolitiker der Koalition, vor allem der Union, schrecken vor einem solchen Verbot zurück. Sie knicken ein vor Jägern, Schützen und Waffenfirmen, die vor jedem Amoklauf beteuern, dass alles unter Kontrolle sei, und nach jeder Bluttat sofort rufen: Das hat aber nichts mit dem Waffenrecht zu tun! Hat es doch – nicht die mörderische Gesinnung des Amokläufers, wohl aber die viel zu leicht zugänglichen Mordinstrumente. (...) Das ist keine Politik, sondern deren Simulation."

"Die Tageszeitung", Kommentar von Ulrich Schulte, 14. Mai 2009:
"Die Koalition hat beim Waffenrecht das Kunststück vollbracht, jeden, wirklich jeden sinnvollen Vorschlag treffsicher zu ignorieren. Sie tastet das Recht der Bürger nicht an, sich hocheffiziente Tötungsinstrumente anzuschaffen, nach gründlicher Ausbildung natürlich. Sie erkennt vorbehaltlos an, dass die Bürger diese scharfen Waffen und hunderte Schuss Munition zu Hause horten, ein Wegschließen an Sammelstellen hält sie für unzumutbar und gefährlich. Sie teilt die Auffassung der Schützenverbände, dass für den deutschen Schießsport große Kaliber mit hoher Durchschlagskraft unverzichtbar sind. (...) Aber die missglückte Reform des Waffenrechts bedeutet glücklicherweise nicht das Ende der Debatte, es kann vielmehr ein Anfang sein. Wenn Politik keine adäquaten Antworten findet auf das Blutbad, dann findet die Zivilgesellschaft vielleicht bessere."

"Nürnberger Nachrichten", Kommentar von Alexander Jungkunz, 15. Mai 2009:
"Peinlich: Anders kann man es kaum bezeichnen, was die große Koalition zum Thema ´Waffenrecht´bietet. (...) Echte Verschärfungen oder gar Einschränkungen beim Besitz besonders gefährlicher Waffen packt die Regierung nicht an. (...) Angesichts des Aufschreis treuer Wähler zuckt sie zusammen. Ein Trauerspiel. Und nach der nächsten Bluttat werden wir seine Wiederholung erleben."

"Der Spiegel", 18. Mai 2009:
"Nach Winnenden schien ein schärferes Waffenrecht machbar. Nun wird es ein Reförmchen – die Schützenlobby ist zu stark. (...) Vorausgegangen war das, was immer geschieht, wenn Politiker sich hierzulande mit dem Waffenrecht befassen – sie geraten unter Dauerbeschuss von Schützenvereinen, Jagdverbänden, Industrie und Waffennarren (...). An die Kernfrage, ob der Besitz von scharfen Waffen in Deutschland wie ein Grundrecht zu behandeln ist und in Schießsportverbänden mit Großkalibern geschossen werden muss, wagte sich die Bundesregierung wieder nicht heran."

Ines Geipel, Autorin, im "Deutschlandfunk" am 12. März / 12. Mai 2009:
"Für uns ist das nicht Normalität, dass ein Schüler in die Schule geht und die Eltern annehmen müssen, dass er nicht lebend zurückkommt. Wo leben wir denn? / Warum verzichten die Schützenvereine nicht auf diesen luxuriösen Spaß, um die Kinder im Land zu schützen? Wir haben ermordete Kinder an deutschen Schulen zu betrauern ..."

Klaus Jansen, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, in "Der Kriminalist" (5/09):
"Eltern, die aufgrund der allgemeinen Schulpflicht jeden Morgen ihre Kinder in die Obhut (Synonyme: Fürsorge, Pflege, Schutz, Geborgenheit, Sicherheit) geben (müssen), müssen darauf vertrauen können, ihre Kinder am Abend wieder in die Arme schließen zu können. Ein ´Weiter so, wie bisher!´ darf es nach Winnenden nicht geben! Der Staat muss die Sicherheit in Schulen garantieren!"

Wolfgang Schmidbauer, Psychoanalytiker, nach dem Amoklauf in Winnenden:
"Eine der Merkwürdigkeiten im Umgang der Medien mit dem jüngsten Amoklauf eines Schülers war die lang anhaltende und zickig wirkende Debatte, ob es gut oder schlecht gewesen sei, eine gefälschte Internet-Botschaft unter die Leute zu bringen. Dieses Detail, das viele Druckseiten gefüllt und Sendeminuten verschluckt hat, verrät vielleicht mehr als viele andere die ganze hilflose Augenwischerei im Umgang mit solchen Ereignissen. Es wurde gestritten, als würde eine fiktive Botschaft in einem Blog ein existenzielles Geheimnis über die Tat enthüllen, während doch das wahre Problem ist, dass wir längst genug wissen, uns aber den Konsequenzen nicht stellen wollen. Wer sich das klar macht, kann mit gespieltem Entsetzen nicht mehr viel anfangen. Sie sind mitten unter uns, unsere Kindersoldaten. Vorzugeben, es sei jede dieser narzisstischen Explosionen unvorhersehbar und die große Ausnahme, ist so klug, wie zu behaupten, jeder wisse doch, dass Schwefel, Kohle und Salpeter für sich genommen ganz harmlos sind; also sei die Explosion eines Gemischs aus diesen Stoffen auch nicht vorauszusehen. Ohne Schusswaffen gibt es keine Kindersoldaten."

"Süddeutsche Zeitung", Kommentar von Joachim Käppner, 21. September 2010:
"Amoklauf von Lörrach. Gelegenheit macht Mörder. – Der Missbrauch legaler Waffen hat inzwischen mehr Opfer gekostet als der Terror der RAF. Doch die Politik ist erstarrt in Furcht vor der Waffenlobby und vor dem Ärger mit den Schützenvereinen im Wahlkreis. Soeben ist ein Antrag der Grünen, großkalibrige Waffen zu verbieten, abgelehnt worden. Stattdessen heißt es: Deutschland habe eines der schärfsten Waffengesetze der Welt; man dürfe die Sportschützen nicht unter "Generalverdacht" stellen. Das hat aber auch niemand getan. Gewiss sind die meisten gesetzestreue Menschen. Nur leider ist das kein Trost für Hinterbliebene, denn so selten die Fälle sind, so tödlich enden sie."

"Die Zeit", Kommentar von Christian Denso, 23. September 2010:
"Schützenvereine müssen jetzt abrüsten. – Nach Winnenden jetzt also Lörrach. Wir erfahren, dass die Täterin Sportschützin war, dass sie familiäre Probleme hatte und 300 Schuss Munition mit sich trug . (...) In Deutschland sind in den vergangenen 15 Jahren 60 Menschen mit Waffen von Sportschützen erschossen worden. Niemand kann diese Taten – mehr als ein Dutzend – noch als 'bedauerliche Einzelfälle' verharmlosen. (...) Es ist offenbar nicht ein Tätertyp, der zur Schusswaffe greift, es ist die bereitliegende Waffe, die Täter aller Art verführt. Nimm mich – ich bin da! Es gibt wahrhaft mächtigere politische Gegner als die Schützenverbände, in denen höchstens ein Fünfundzwanzigstel aller Wahlberechtigten organisiert sind. Oder sind die vier Toten von Lörrach einfach zu wenig, um das Gesetz wirksam zu verschärfen?"

FAZ, Kommentar von Reinhard Müller, 11. Februar 2011:
"War der mörderische Amoklauf von Winnenden vorhersehbar? Ja, sagt das Gericht, das jetzt den Vater des Schützen verurteilt hat. Denn nichts anderes bedeutet die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung. Dass der Mann seine Waffen nicht wegsperrte, macht ihn zum Täter. (...) Der Vater kommt nun mit einer Bewährungsstrafe davon, was in den Augen vieler gar keine richtige Freiheitsstrafe ist. (...) Auch der Gesellschaft hält dieser Fall den Spiegel vor. Denn der Rechtsbruch des Vaters, der so mörderische Folgen hatte, war nur die letzte Weiche auf einer langen Irrfahrt. Davor standen elterliche Vernachlässigung, Ballerspiele des Sohnes - und erste Erfahrungen mit richtigen Waffen. Alles nicht unbekannt. (...) Aber Wohlstandsverwahrlosung, der leichte Zugang zu gewaltverherrlichenden Spielen und das Nachahmen von Rollenvorbildern bringen noch niemanden um. Dazu braucht man echte Waffen."

"Süddeutsche Zeitung", Ressortchef Innenpolitik, Heribert Prantl, 11. Februar 2011:
"Welchen Sinn macht hier Strafe? Ein Jahr und neun Monate auf Bewährung! Der Vater des Amokschützen von Winnenden wurde wegen fahrlässiger Tötung in fünfzehn Fällen bestraft. Ja, er hat sich schwer fahrlässig verhalten. Ja, er hat seine Waffe nicht weggesperrt, er hat sie im Schlafzimmer herumliegen lassen. Die Frage ist nur: Wie soll sich der Vater des Amokschützen bewähren? (...) Der Öffentlichkeit muss - auch mit einer solchen Bestrafung - klargemacht werden, dass ein laxer Umgang mit Schusswaffen schuldhaft und strafbar ist. Das ist der Sinn dieser Strafe. Sie sagt der Gesellschaft: Der Umgang mit Waffen ist kein Spiel. Wenn Sportwaffen aus Fahrlässigkeit zu Mordwaffen werden, ist die Bestrafung auch des Fahrlässigen Pflicht."

"Südkurier", Kommentar von Gabriele Renz, 12. Februar 2011:
"Zwei Jahre ist der Amoklauf her. Die vom Bundespräsidenten, von Landes- und Bundespolitikern versprochene Verschärfung des Waffenrechts war eine reine Farce. (...) Auch nach dem Prozess gegen den Vater des Amokschützen von Winnenden gilt es, das bittere Fazit zu ziehen: Ohne das klägliche Versagen eines Waffennarren hätte Tim K. es zumindest schwerer gehabt, seinen durch Computerspiele geschulten Killer-Plan umzusetzen. (...) Zwei Eltern der Amok-Opfer haben beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen das bestehende deutsche Waffenrecht eingereicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass Karlsruhe für eine feige, sich in faulen Kompromissen ergehende Politik in die Bresche springt. (...) Zum wirkungsvollsten Instrument, dem Verbot von Waffen in Privathaushalten, können sich die Vertreter des Volkes auch im Südwesten nicht durchringen."

"Tagesspiegel" Berlin, Kommentar von Alexander S. Kekulé, 3. August 2011:
"Die aufwendige Bombe von Oslo tötete acht Menschen, im Kugelhagel auf der Insel Utöya starben 68. Breivik benutzte eine großkalibrige Glock 17 Pistole und ein halbautomatisches Gewehr vom Typ Ruger Mini-14. Er hatte einen Berechtigungsschein und trainierte im Schützenclub. An eine EU-weite Verschärfung des Waffenrechts ist jedoch nicht zu denken, Waffenbesitz gilt als Kulturgut. Wenn es um den privaten Waffenbesitz geht, sind die Freiheitsrechte der Bürger auch bei konservativen Politikern in Mode."

"Thüringische Landeszeitung", Kommentar des stellv. Chefredakteurs, Hartmut Kaczmarek, am zehnten Jahrestag des Erfurter Schulmassakers (26. April 2012):
"Die zehn bis 15 Toten jährlich, die der Verein "Sportmordwaffen" akribisch auflistet, sind oft nur eine Randnotiz wert. Das Problem wird von der Gesellschaft einfach verdrängt. Das Risiko ist hoch, zu hoch, dass irgendwo demnächst wieder jemand zu einer Pumpgun oder einer Glock oder Beretta greift, um seinen Frust über ein vermeintlich verpfuschtes Leben an denen auszulassen, die er dafür verantwortlich macht. Die Zahl ist erschreckend: Mehr als 120 Menschen sind seit 1991 in Deutschland mit Sportwaffen erschossen worden. Der Gesetzgeber muss dem endlich einen Riegel vorschieben. Alle Anläufe zu einer wirksamen Kontrolle sind bisher an der Macht der Waffenlobby gescheitert. Zwei Millionen Sportschützen in Deutschland sind eine Zahl, die nicht zu ignorieren ist."

Hessischer Rundfunk, Kommentar von Sabine Müller nach dem Schulmassaker in Newtown, 17. Dezember 2012:
"Bisher war das Ritual nach allen Amokläufen das gleiche - bestenfalls ein paar Wochen lang war die Nation geschockt, diskutierte über schärfere Waffengesetze und ging dann unverrichteter Dinge zum Alltag über. Weil die politische Klasse entweder zu verbohrt oder zu feige war, zu handeln - und weil die Mehrheit der Bürger das nicht einforderte."

"Frankfurter Rundschau/Berliner Zeitung", Kommentar von Ursula Knapp nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Waffengesetz, 16. Februar 2013:
"Das Bundesverfassungsgericht hat wenig Sensibilität für das Thema Waffengesetze gezeigt. Es ist richtig, dass Karlsruhe nicht der Gesetzgeber ist. Der Bundestag muss Gesetze verabschieden, die es erlauben, die Bürger vor Amoktätern zu schützen. Es stimmt auch, dass Karlsruhe erst einschreiten kann, wenn die Untätigkeit des Gesetzgebers mit Händen zu greifen ist. (...) Es hätte den zuständigen Verfassungsrichtern aber gut angestanden, sich mit den aktuellen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Es geht immerhin um Leben und Tod. Nach dem verheerenden Amoklauf von Winnenden wurde zwar das Waffengesetz 2009 reformiert, doch das scheint nichts zu nützen. Es hat zahlreiche neue Opfer gegeben. Allein seit Neujahr wurden fünf Menschen in Deutschland von Sportschützen erschossen. (...) Das Verfassungsgericht hat seine Chance vertan."

"Winnender Zeitung", Kommentar von Peter Schwarz, 16. Juni 2015:
"So herzlos kann Europa sein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine Beschwerde von Barbara Nalepa gegen das deutsche Waffenrecht mit bürokratischer Beiläufigkeit eingestampft. (…) Das Schreiben aus Straßburg ist ein Dokument acht- und respektloser Ignoranz. (…) Dieser Brief ist nicht gut für Barbara Nalepa? Dieser Brief ist nicht gut für Europa."

"Main-Post", Kommentar von Melanie Jäger zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Waffengesetz, 25. Juni 2015:
"Im Kampf gegen eine übermächtige Waffenlobby dürften die Entscheidungen der höchsten Richter vor allem eines bewirken: satte Zufriedenheit bei all jenen, denen die Opferfamilien von Winnenden schon lange ein Dorn im Auge sind. (…)
Vielleicht haben Barbara Nalepa und ihre Mitstreiter ihr Ziel zu hoch gesteckt, doch sie haben ein richtiges Ziel, ein angesichts von 150 Sportwaffen-Opfern seit 1991 in Deutschland völlig legitimes Ziel. (…)
Natürlich stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, Schritt für Schritt vorzugehen im Bestreben um eine Verschärfung des Waffenrechts. Doch genau das scheint ja nicht zu funktionieren, denn sonst hätte es in den vergangenen Jahren zu mehr gereicht, als kosmetischen Veränderungen. Dennoch sollten sich die Davids im Kampf gegen die Goliaths nicht entmutigen lassen – und weiterkämpfen."

„Süddeutsche Zeitung“, Kommentar von Chefredakteur Kurt Kister, 25. Juli 2016:
"Es ist sinnvoll, den Erwerb von Pistolen, mit denen schnell viele Schüsse abgegeben werden können, so schwierig wie möglich zu machen. Eine Glock 17, für die es Magazine mit 17 bis 33 Schuß gibt, ist, auch wenn dies viele organisierte Schützen anders sehen, keine ´Sportwaffe´. Sie sollte Polizei und Militär vorbehalten sein. (In Erfurt und Winnenden wurde eine als ´Sportwaffe´ gekaufte Glock- beziehungsweise eine Beretta-Pistole benutzt.)"

„Spiegel-Online“, Kommentar von Markus Becker zur neuen EU-Waffenrichtlinie, 21. Dezember 2016:
"Der Schießeisen-Irrsinn: Sportschützen dürfen auch weiterhin halbautomatische Pistolen und Zivilmarkt-Versionen von Sturmgewehren legal kaufen – einzig und allein, weil sie Sportschützen sind. (...) Man müsse hier abwägen, sagen vor allem konservative Politiker, die sich offenbar von der teils aggressiven Lobbyarbeit der Waffenfreunde beeindrucken ließen: Sportschützen dürften nicht unverhältnismäßig belastet werden. Man reibt sich die Augen angesichts dessen, was hier gegeneinander abgewogen werden soll: Der Schutz von Menschenleben gegen die Ausübung eines Hobbys. (...) Man solle sich lieber um Kriminelle und Terroristen kümmern als um legale Waffenbesitzer, meinen Jagd- und Schützenverbände. Aber das eine schließt das andere nicht aus: Man kann einem Staat durchaus zutrauen, Terror und Kriminalität zu bekämpfen und sich zugleich um sinnvolle Regelungen bei legalen Schusswaffen zu kümmern."

„Süddeutsche Zeitung“, Kommentar von Heribert Prantl, Ressortchef Innenpolitik, 24. Oktober 2017:
"Waffenscheine werden in Deutschland nur nach Zuverlässigkeitsprüfung ausgegeben. Offensichtlich sind die Prüfungen nicht zuverlässig genug. Es ist Zeit dafür, die Scheine nicht nur auszustellen, sondern umfassend wieder einzusammeln."

„Süddeutsche Zeitung“, Kommentar von Ronen Steinke am 22. August 2019 nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke:
„Wer Cannabis auf Rezept bekommt, muss Waffenbesitzkarte und Jagdschein abgeben. Das geht aus einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hervor. Wer einer Neonazi-Kameradschaft wie dem „Freien Widerstand Kassel“ angehört und den Behörden als rechtsextremer Agitator im Netz und bei gewaltsamen Demos bekannt ist, der darf seine Waffenbesitzkarte nebst Munitionsberechtigung hingegen behalten. Das geht aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel hervor. Das Waffenrecht in Deutschland ist ein Witz. (…)
Waidmannsheil! So konnte, wie sich jetzt herausstellt, sogar der mutmaßliche Komplize im Mordfall Walter Lübcke, einer vom ´Freien Widerstand Kassel´, an Schießwerkzeug kommen. Im Schützenclub 1952 Sandershausen saß er sogar im Vorstand. Das ist ein Versagen der Sicherheitsbehörden in Hessen. Aber auch einer Gesetzgebung, die lasch ist bis zur Lächerlichkeit.
Schützenvereine sagen in dieser Diskussion stets: Vertraut uns! Wir haben selbst ein Interesse, die schwarzen Schafe auszuschließen. Jedes Gegenbeispiel ist eines zu viel.“

„Süddeutsche Zeitung“, Leitartikel von Chefredakteur Kurt Kister am 21. Februar 2020 nach dem Sportschützen-Massaker in Hanau:
"Zur Prävention gehört auch, dass vielschüssige Handfeuerwaffen nicht mehr von Privatleuten, auch nicht von Sportschützen, zu Hause aufbewahrt werden dürfen. Das ist kein Generalverdacht gegen Schützen, sondern die nötige Konsequenz aus etlichen Mordtaten."

„Die Welt“, Kommentar von Autorin Susanne Gaschke, 24. Februar 2020:
"Nehmen wir die dafür nötige Manpower und das dafür nötige Geld – und ziehen wir die Sportwaffen, die zu Mordwaffen werden können, aus dem Privatverkehr! Dass manche Männer ihr Hobby und ihre Waffe so sehr lieben, dass sie glauben, nicht ohne sie schlafen zu können, darf nicht länger eine Ausrede dafür sein, dass Menschen so unglaublich problemlos ermordet werden können."

„Frankfurter Rundschau“, Kolumne von Michael Herl, 25. Februar 2020:
"Warum soll Herr Müller bewaffnet sein? Herr Müller ist weder Jäger noch Polizist, auch kein Personenschützer oder Geheimagent, sondern Lagerist in einem Großhandel für Friseurbedarf. Sein Hobby aber ist die Sportschießerei. (…) Und obwohl ich ein toleranter Mensch bin, stelle mir nicht erst seit den jüngsten Ereignissen in Halle und Hanau die Frage: Warum schießen Menschen? Was ist daran so befriedigend, Geräte zu betätigen, die zur Vernichtung von Leben konstruiert wurden? Was ist da der Kitzel? Und wo der Spaß? Und obwohl ich allen und jedem ihre Geselligkeit gönne, muss ich fragen: Wieso ist das erlaubt? Warum werden Schützenvereine nicht rigoros verboten?"

„stern.de“, Kommentar von STERN-Reporterin Kerstin Herrnkind, 27. Februar 2020:
"Nach Hanau denkt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) über Psychotests für Sportschützen nach. Das ist reine Symbolpolitik. (…) Bislang sind Politiker in diesem Land noch jedes Mal vor den Sportschützen und ihrer Lobby eingeknickt. Selbst nach Amokläufen mit vielen toten Kindern. Es ist der verdammte Job des Bundesinnenministers, für Sicherheit in diesem Land zu sorgen. Das schafft er aber nur, wenn er die Sportschützen endlich entwaffnet. Warum müssen Schützenbrüder mit tödlichen Waffen auf Papierscheiben schießen? Warum dürfen sie ihre Waffen nach dem Training im Schießstand mit nach Hause nehmen? Es gibt dafür keine vernünftigen Gründe. (…)
Niemand geringeres als Vater Staat hat dem Attentäter von Hanau seine tödliche Waffe in die Hand gedrückt. Tobias R. war Sportschütze. (...) Die ´Initiative Keine Mordwaffen als Sportwaffen!´ recherchiert schon seit Jahren sehr gründlich, wie viele Menschen in diesem Land durch legale Waffen sterben. Es sind über 270 seit 1990. (…) Im Nationalen Waffenregister stehen die Namen einer Million Menschen, auf die fünf Millionen Waffen zugelassen sind. Das heißt: Die privaten Waffenbesitzer in diesem Land, das mehr als 82 Millionen Einwohner hat, sind eine kleine Minderheit. Warum ist die Freiheit dieser Waffennarren mehr wert als die Sicherheit der Menschen? (…)
Und ob man den Schießsport in diesem Lande in Frage stellen muss. Generell. Und zwar endlich. Warum gesteht Vater Staat Ottonormalverbrauchern überhaupt ein ´waffenrechlichtes Bedürfnis´ zu? In Großbritannien sind halbautomatische Faustfeuerwaffen und Gewehre für Privatleute tabu. Nachdem 1996 in Dunblane ein Sportschütze 16 Erstklässler und ihre Lehrerin erschossen hatte, entwaffnete die konservative Regierung ihre Bürger. Machen wir es wie die Briten. Sonst ist nach Hanau vor Hanau. Und Vater Staat macht sich zum Komplizen von Mördern. Wieder mal."

Zur Startseite